Wie steuern KMUs ihr Unternehmen? Ergebnisse unserer Studie

Von Dr. Karolina Sauer-Sidor, Andreas Sauer, Joerg Erlemeier. Bei Fragen wende Dich bitte an Dr. Karolina Sauer-Sidor.

In den letzten Jahren waren kleinere und mittlere Unternehmen (KMUs) in Europa mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert. Kostendruck, starker Wettbewerb, veränderte Kundenbedürfnisse und technologische Veränderungen bzw. Fortschritte wie KI sind hier zu nennen. Gleichzeitig ist der Druck auf die Rentabilität unverändert hoch. Blickt man zurück auf die Entwicklung der Rentabilität in den letzten drei Jahren sieht man, dass die Rentabilität bei 43% der KMUs gleichgeblieben ist, bei 14% ist sie gesunken und 40% der Unternehmen konnten ihre Rentabilität steigern. Was die Umsätze betrifft, so berichteten 45% der KMUs, dass ihre Umsätze stagnierten und 15% verzeichneten gar einen Rückgang der Umsätze. Unternehmen werden sich daher zukünftig stärker mit den Themen Wachstum und Leistung beschäftigen müssen.

Die Marktstudie unter den KMUs zeigte auch, dass KMUs unterschiedliche Prioritäten für die nächsten 12 Monate und 2-5 Jahre auf Ihrer Agenda haben müssen (mehr in dem Artikel hier). Ein wichtiger Aspekt, der sich daraus ableiten lässt, ist die Frage, wie KMUs ihr Unternehmen steuern, um die Performance zu steigern?

Finanzielle Performance über die letzten drei Jahre

Für KMUs zeigt sich, dass Umsatz, Cashflow und Rentabilität die drei wichtigsten finanziellen KPIs sind, die sie für die finanzielle Steuerung verwenden. In Großbritannien bspw. steht der Cashflow an erster Stelle (und hat auch im übergreifenden Ländervergleich die höchste Priorität) und wird von rund 60% aller KMUs in UK zur Steuerung verwendet. Neben der Sicherung der Liquidität für den normalen Geschäftsbetrieb liegt der Fokus dabei auch auf den Aspekten Investitions- und Finanzplanung und Risikomanagement.  

Die wichtigsten finanziellen Kennzahlen für KMUs

In Bezug auf das operative Monitoring und Nachverfolgung der verwendeten Kennzahlen zeigt sich je nach KPI, dass nur etwa 40% der Unternehmen diese monatlich analysieren. In den Bereichen Produktion, Beschaffung und IT werden KPIs am häufigsten eingesetzt und analysiert, rund 45-46%gaben an, diese monatlich zu verfolgen. 40% der Befragten gaben zudem an, monatlich auch Kennzahlen aus den Bereichen Kundenerfahrung, Technologie, Vertrieb und Personal zu analysieren.

Die Häufigkeit der operativen Nachverfolgung und Anwendung von KPIs steigt jedoch auf vierteljährlicher Basis deutlich an, mindestens70% der Unternehmen verfolgen KPIs für die Bereiche Beschaffung, Vertrieb, IT und kommerzielle Kundendaten regelmäßig. Es ist nicht überraschend, dass Beschaffung und damit die gesamte Lieferkette für viele KMUs im Mittelpunkt der Steuerung steht. In einem von Volatilität und Unsicherheit geprägten Geschäftsumfeld ist es unerlässlich und zwingend notwendig, die eigene Lieferkette abzusichern und präzise zu steuern.

Die Daten zur operativen Steuerung verdeutlichen die Notwendigkeit, sowohl Umfang als auch Frequenz der operativen Messung und Nachverfolgung der unternehmenskritischen KPIs zu verbessern.

Operative Kennzahlen genutzt durch die KMUs

Laut unserer Studie haben kleinere und mittlere Unternehmen mehrere geschäftliche Prioritäten, wobei Wachstum, Innovation und Kundenerfahrung für sie am wichtigsten sind. Dennoch sind lediglich 48% der Befragten bei der Umsetzung ihrer dazugehörigen Pläne für die kommenden 12 Monate auf einem guten Weg. 28% gaben an, dass sie einen Plan haben, sind aber mit der Umsetzung im Rückstand, 20% der KMUs sind noch dabei, einen Plan zu erstellen und 4% haben keinen Plan.

Blickt man auf die mittel- bis langfristigen Prioritäten für die nächsten zwei bis fünf Jahre, wird die Diskrepanz zur erfolgreichen Umsetzung noch deutlicher. Nur 44% der Unternehmen verfügen über einen Plan und sind bei der Realisierung auf Kurs, während 28% mit der Umsetzung im Rückstand sind. 22% arbeiten noch an einem Plan und 6% haben bis dato keinen Plan entwickelt.

Umsetzungsfortschritt

Diese Ergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit, aktive Maßnahmen zu ergreifen, als auch die damit verbundenen Chancen für viele Unternehmen. Durch die effektive und umfassende Steuerung zentraler Prioritäten und Pläne können KMUs ihre Umsetzungserfolge steigern. Darüber hinaus zeigt die Studie, dass insbesondere der Aufbau neuer Kompetenzen, die Implementierung von Nachhaltigkeitsinitiativen (ESG) und die Nachfolgeplanung Bereiche sind, in denen viele der KMUs hinter ihren Zielen und Plänen zurückbleiben.

Selbst Unternehmen, die angeben, beider Umsetzung im Plan zu sein, müssen sich die Frage stellen, ob sie per se die richtigen Initiativen verfolgen, ob diese die geplante Wirkung zeigen und inwiefern diese dazu beitragen, das Unternehmen werthaltiger, resilienter und wettbewerbsfähiger zu machen.

Falls Unternehmen bei der Umsetzung ins Hintertreffen geraten, stellt sich die Frage, wie können sie die Umsetzung beschleunigen und korrigieren, um wieder erfolgreich auf Kurs zu kommen? Welche Strategien und Optionen stehen zur Verfügung, um dies zu ermöglichen?

Für Unternehmen, die in der Phase der Planerstellung sind oder bisher keinen Plan haben, stellt sich die Frage, ob die Herausforderung darin liegt, einen Plan zu entwickeln oder zu implementieren oder ob es darum geht, die richtigen Prioritäten festzulegen. Möglicherweise mangelt es aber auch an den notwendigen Fähigkeiten und Kompetenzen, um diese Schritte erfolgreich anzugehen?

Umsetzungsfortschritt nach Prioritäten für die nächsten 2 bis 5 Jahre

Was kannst Du aus diesen Erkenntnissen ableiten?

Um die geschäftlichen und finanziellen Prioritäten erfolgreich zu erreichen, müssen drei zentrale Elemente des Performance-Managements umgesetzt werden::

Finanzielle Steuerung: Unsere Marktstudie zeigt, dass die wichtigsten finanziellen Kennzahlen (KPIs) wie Umsatz, Kosten, Rentabilität, Cashflow sowie Eigenkapitalquote und Eigenkapitalrendite entscheidend sind für eine effektive finanzielle Steuerung des Unternehmens.

Wie könnte ein gut strukturierter Plan aussehen, der eine optimale Steuerung Deiner Finanzen sicherstellt? Welche Do's und Don'ts gibt es dabei zu beachten? Hier sind einige Überlegungen, die Du in Betracht ziehen kannst:

  1. Definition und Festlegung klarer finanzieller Ziele sowie deren Integration in das Budget sowie in die mittelfristigen Planungen. Es ist wichtig, dass spezifische Verantwortlichkeiten für diese Ziele in der Organisation zugewiesen werden (Führungskräfte, Funktionsleiter oder Fachexperten), die in der Lage sind, Entscheidungen zu treffen und die richtigen Prioritäten für Initiativen festzulegen.
  2. Stelle sicher, dass die finanziellen Ziele klar definiert und messbar sind und verknüpfe sie mit den Finanzberichten (z.B. indem Du sie den Konten der Gewinn- und Verlustrechnung, der Bilanz oder den Working-Capital-Positionen zuordnest)
  3. Etabliere regelmäßige Meetings, um die wichtigsten finanziellen KPIs zu besprechen und zu analysieren. Reagiere proaktiv auf Abweichungen, um frühzeitig Maßnahmen einzuleiten. Eine „Back-to-Plan-Mentalität“ sollte dabei ein unverzichtbarer Bestandteil der Unternehmensführung sein.
  4. Der Fokus sollte auch nach Erreichung der Ziele weiterhinauf der Performance und den wichtigsten KPIs liegen. Implementiere einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess und stelle laufend die Frage: „Wo können wir die Performance weiter verbessern“?
  5. Implementiere Szenario-Planungen und Was-wäre-wenn-Analysen in das finanziellen Steuerungssystems, um die potenziellen Auswirkungen interner und externer Faktoren auf die Finanzen zu bewerten.

…und vermeide darüber hinaus folgende „Don'ts“:

  • Eine zu komplexe finanzielle Steuerung (Motto: keep it simple)
  • Fokus auf finanzielle KPIs, die nicht direkt zum Kerngeschäft gehören
  • Unklare Zuständigkeiten in der Steuerung und Umsetzung

Operative Steuerung: Für die zentralen Kernbereiche des Unternehmens sollten spezifische Kennzahlen (KPIs) definiert werden, darunter z.B. Markenführung, Kundenerlebnis, Technologie, Personal, Nachhaltigkeit, Risikomanagement, Marketing & Vertrieb, Beschaffung, Produktion, Digital/Online-Präsenz.

Beispiele für KPIs:

  • Markenführung, z.B. Markenbekanntheit
  • Marketing und Vertrieb, z.B. Anzahl der Kunden, Umsatz/Kunde, Auftragseingang
  • Kundenerlebnis, z.B. Kundenzufriedenheit / Net Promotor Score
  • Digitale / Online-Präsenz, z.B. Web-Traffic, Klickraten
  • Personal, z.B. Mitarbeiterzufriedenheit, Mitarbeiterbindung / -fluktuation, Vielfalt/Diversität
  • Umwelt-/Nachhaltigkeit (ESG), z.B. CO2-Emissionen
  • Produktion, z.B. Produktionseffizienz und Durchsatzrate
  • Risikokennzahlen, z.B. Top-Risiken, Risikowert und Risikowahrscheinlichkeit
  • Lieferkette, z.B. Auftragserfüllungsrate

Steuerung der Umsetzung: Monitoring von Prioritäten und Initiativen, einschließlich Status, Verantwortlichkeiten, Auswirkungen.

Neben der Steuerung Deiner finanziellen und operativen KPIs haben erfolgreiche KMUs gezeigt, dass die konsequente Durchführung und Umsetzung von Plänen und Initiativen von entscheidender Bedeutung sind. Hier sind einige wesentliche Aspekte zur Umsetzung:

  1. Definiere für jeden relevanten Bereiche Kennzahlen, die den aktuellen Status genau erfassen und darstellen. Diese Kennzahlen sollten einfach, verlässlich und aussagekräftig sein
  2. Plane einen regelmäßigen Überprüfungszyklus (monatlich oder vierteljährlich) ein, um die Fortschritte im Vergleich zu den festgelegten Zielen zu bewerten
  3. Schaffe ein Forum zur Festlegung von Prioritäten, für die Überprüfung der Fortschritte und stelle sicher, dass die Organisation Verantwortung für die Umsetzung dieser Prioritäten und Initiativen übernimmt. Kläre zu Beginn den Umfang der Aktivitäten, die Zuständigkeiten und die Struktur der Entscheidungsprozesse.
  4. Stelle sicher, dass alle Prioritäten und Initiativen mit der übergeordneten Geschäftsstrategie übereinstimmen
  5. Erkenne Abweichungen frühzeitig und analysiere deren Ursachen, um entsprechende Korrekturmaßnahmen einzuleiten. Fördere eine „Back-to-Plane-Mentalität“ innerhalb der Organisation
  6. Etabliere eine Unternehmenskultur, die kontinuierliche Verbesserung und aktives Feedbacks schätzt. Richte transparente und offene Kommunikationskanäle ein, um den Austausch von Erkenntnissen zu ermöglichen und den Prozess zu optimieren
  7. Investiere in die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter sowie in die Nutzung von unterstützenden Technologien.

Diese Maßnahmen tragen dazu bei, die Effizienz und Effektivität Deiner Organisation nachhaltig zu steigern.

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